Am 19.August 2022, 13.30 Uhr, tagte der PUA „Cum-Ex-Steuer-Affäre"“ im Plenarsaal der Hamburgischen Bürgerschaft. Heute wird der Kanzleramtsminister Wolfgang Schmidt angehört.
Es gab keinen übertriebenen Andrang auf die Zuschauertribüne.
Olaf Scholz wurde befragt, gab aber vorher ein ausführliches Statement ab. Tenor: Die Fragen seien bereits alle beantwortet. Es sei in den in Rede stehenden Steuerfällen der Warburg-Bank keine Einflussnahme durch die Politik erfolgt und im PUA schon gar nicht belegt worden. Indirekt hieß das, hier werde ein PUA nur noch als politisch-propagandistisches Instrument eingesetzt.
Der Bundeskanzler machte einen ruhigen Eindruck. Die Fragen des Vorsitzenden Dr.Petersen waren ihm wohl vorher zugegangen. Seine „Erinnerungslücken“ waren die in den Exekutiven dieser Welt wohl mehr oder weniger gekonnt gehandhabte Methode, den Bereich der internen Willensbildung des Regierungschefs und der Regierung von Einblicken freizuhalten. So auch praktiziert von Ole von Beust, Hans-Ulrich Klose und anderen Politikern der Bundesebene wie Helmut Kohl. Einige Abgeordnete des PUA haben wohl noch nicht realisiert, dass es inzwischen eine Art "PUA-abgesichertes" Regieren" gibt.
Das Format Befragung liegt Olaf Scholz, er lieferte in seinen Beiträgen gelungene Gegenangriffe, so gegen Dr. Peiner, den Finanzsenator zu Zeiten des HSH-Nordbank-Desasters, der ihn vor der Sitzung in den Medien angegriffen hatte. Mein Eindruck: Olaf Scholz wird immer noch unterschätzt und bewusst negativ dargestellt. Dabei ist er unzweifelhaft der erfahrenste Politiker in dieser Regierung und hat inzwischen seinen Redestil erheblich in Richtung freigehaltene Offensive entwickelt. Seine KonkurrentInnen sind schließlich auf der Bundesebene zwar ohne exekutive Erfahrung, was angesichts der Krisensituation gefährlich ist, aber nicht ohne rhetorisches und strategisches Talent.
Trotz einmaliger Ermahnung durch den Vorsitzenden Mathias Petersen sprach Olaf Scholz durchgehend sehr leise, war also ganz oben auf der Zuschauerempore für die Bürger schwer zu verstehen.
Während der Befragung rückten zwei Besucher auf der unbequemen Empore weiter nach unten. Sie protestierten schließlich an einer Stelle laut: dass der Kanzler so leise spreche, sei arrogant, man könne nichts verstehen. Nach Lage der Dinge eine unzulässige, wenn auch nicht unverständliche Reaktion.
Daraufhin meldete sich ein sogenannter „Betroffenen-Beauftragter“ laut und ziemlich aggressiv zu Wort und forderte die Feststellung der Personalien, weil der Vorwurf der Arroganz gegen den Kanzler eine Beleidigung sei, es handelte sich wohl um einen Mitarbeiter der Bürgerschaftskanzlei.
Mein Eindruck: Es kann nicht völlig ausgeschlossen werden, dass es sich um Provokateure handelte. Wollte man dem Kanzler eine aufgeheizte Bedrohungslage suggerieren? Welcher Bürgerschaftserfahrene Bürger macht schon bei dieser Sicherheitsstufe derartige Zwischenrufe?
Es war zu erwarten, dass dieses Ereignis noch zusätzlich zu dem Sicherheitspersonal auf der Zuschauerempore weitere Sicherheitskräfte auf den Plan rief.
Bürger und Sicherheitsleute verschiedener Provenienz verließen nach der Sitzung gemeinsam über die Treppen die Zuschauerempore während der Kanzler bereits sein Pressestatement abgab.
Der modern wirkende Fahrstuhl war abgestellt.
Wer die Begleiterscheinungen von Sicherheitsmaßnahmen nicht schätzt, sollte an solchen Tagen das Rathaus meiden.