Freitag, 23. Juli 2010

Hans Ulrich Klose: Koordinator für deutsch-amerikanische Beziehungen


Hans Ulrich Klose ist seit 1983 direkt gewählter Abgeordneter im Wahlkreis Harburg-Bergedorf.

Nun hat er eine zusätzliche Aufgabe übernommen: Koordinator für die deutsch-amerikanischen Beziehungen im FDP-geführten Außenministerium.

Mit Karsten Voigt hatte diese Aufgabe ein ehemaliger SPD-Linker hauptberuflich wahrgenommen. So machten sich Nachrücker auf der Hamburger Landesliste bereits Hoffnungen auf einen Bundestagssitz.

Aber weit gefehlt: Hans Ulrich Klose nimmt diese Aufgabe neben dem Bundestagsmandat wahr.

Nun rätseln viele Harburger und Hamburger politische Funktionsträger, wie das denn wohl mit der Dotierung sei. Dies um so mehr als ganz Findige die Koordinatorenstelle im Personalhaushalt des Außenministeriums gefunden haben: Eine B 9-Stelle, entsprechend Staatsrat in Hamburg.

In der Bundestagsbiographie taucht die Tätigkeit nicht unter den meldepflichtigen Tätigkeiten auf.

Es hätte nahe gelegen, Hans Ulrich Klose Gelegenheit zu geben, auf der Hauptversammlung des Kreises im Mai über seine Arbeit im Bundestag und über die neue Funktion zu berichten.

Dabei hätte Hans Ulrich Klose auch sein Abstimmungsverhalten über das Euro-Rettungspaket von 500 Milliarden Euro mit einem Anteil von 150 Milliarden für die Bundesrepublik Deutschland erläutern können, er hat bekanntlich abweichend von der Fraktionslinie zugestimmt. Wäre doch wohl eine kurze Sachdiskussion Wert gewesen. Übrigens: Wie wird man Koordinator für die deutsch-nordamerikanischen Beziehungen unter einem FDP-Außenminister?

Durch kritische Positionen gegenüber der US-Außenpolitik? Doch wohl kaum.

Aber wie schafft man es als Außenpolitiker der SPD, über Jahre, insbesondere auch in der Zeit des Irak-Krieges und der von den USA ausgehenden Weltfinanzkrise sich nicht oder sehr „verbindlich“ gegenüber den USA zu äußern? Und dies in Phasen, in denen man tendenziell innerparteilich „links“ firmiert, was allerdings ja heute nichts mehr besagt. Dies geht nur, wenn die Parteiorganisationen des Wahlkreises politisch schwach sind und sich zudem auch für Außenpolitik nicht interessieren.

Hans Ulrich Klose weicht Diskussionen eigentlich kaum aus. An ihm kann es also nicht gelegen haben.

Der Kreis Harburg wollte am 8.5.2010 wie es scheint nicht ernsthaft politisch, wenn unvermeidlich dann kurz, diskutieren. Jedenfalls hat er die knapp bemessene Zeit noch zusätzlich eingeengt durch einen Referenten zum Gedenken an das Kriegsende.

Auf Hauptversammlungen sollen Berichte des Kreisvorstandes, der Bezirksfraktion, der Bürgerschaftsabgeordneten, des Bundestagsabgeordneten diskutiert und Wahlen durchgeführt werden.

Wenn man mit Hans Ulrich Klose einen Abgeordneten in wichtigen Funktionen hat, sollte man regelmäßig mit ihm diskutieren, vorausgesetzt es gibt die Kompetenz und die Diskussionskultur. Wenn nicht, sollte man es in der Tat lassen.

Mittwoch, 21. Juli 2010

Rücktritt des Ersten Bürgermeisters in Hamburg


Ole v.Beust verdankte seine Regierungszeit der wohlwollenden medialen Unterstützung der Zeitungen des Springer-Verlags für sich, aber z.B. auch für die Schill-Partei.

v.Beust hat jede mögliche Machtoption genutzt: erst 2001 nach einem miserablen Wahlergebnis für die CDU das Bündnis mit der Schill-Partei, die Aufkündigung der Koalition mit der Schill-Partei, dann 2008 die Koalition mit der GAL unter Aufgabe von Kernbeständen der CDU-Programmatik, die er als Modernisierung einer Großstadtpartei verkaufte.

Dass von Beust während der Legislaturperiode zurücktreten würde, war wegen der Umfrageergebnisse und der vielen politischen Brandherde für ihn nahe liegend, ist aber auch nicht vorwerfbar. Außerdem hatte er als Bürgermeister mit 55 Jahren die Pensionsberechtigung erlangt und konnte schon auf eine lange Amtszeit verweisen. Persönlich durchaus wichtige Daten.

Seit dem Scheitern der Verhandlungen mit der Bürgerinitiative “Wir wollen lernen“ war mit v.Beusts Rücktritt zu rechnen. Das Hamburger Abendblatt brachte einen Tag vor der Bekanntgabe des Scheiterns überraschend und zum ersten Mal ein kämpferisch-verkniffenes Buntbild v.Beusts. Seitdem verschlechterte sich auch die Berichterstattung über den Bürgermeister. Ob es dafür auch andere Gründe gab?

Das Risiko einer fünften Kandidatur wäre zu groß gewesen, ein Nachfolger braucht zudem Zeit um sich aufzubauen.

Da gibt es die Haushaltsprobleme gewaltigen Ausmaßes, die Kostensteigerungen bei der Elbphilharmonie, die Verantwortlichkeit für das Scheitern der HSH Nordbank, Hochschulpolitische Standortprobleme und dann das voraussichtliche Scheitern der sechsjährigen Primarschule, die keine Partei 2008 in ihrem Wahlprogramm hatte, aber Preis für den Machterhalt und das erste Schwarz-Grüne Experiment in einem Bundesland war.

Selbst das späte Umsteuern des Hamburger Abendblatts zugunsten der Schulreform, das in der letzten Woche vor dem Volksentscheid noch zu Mobilisierungszwecken ehemalige Bürgermeister und andere politische Autoritäten mit mehreren Aufmachern ins Rennen schickte, bewahrte den Bürgermeister nicht vor einer gewaltigen Niederlage. Über 50000 Stimmen mehr für die Gegner der Schulreform, das Quorum von 247000 Stimmen wurde locker erreicht. Die Wahlbeteiligung war besser als bei der Europa-Wahl.

Der Ausgang des Volksentscheids war voraussehbar. Es gab Umfragen, am Nachmittag aber auch erste Informationen über die hohe Wahlbeteiligung in den „bürgerlichen“ Wohngebieten Dass von Beust unbedingt noch am Tage des Volksentscheids zurücktreten wollte, zeigt die mangelnde Bereitschaft politische Verantwortung unverstellt zu übernehmen und den Wunsch, einen persönlich motivierten Rücktritt hinzulegen. Außerdem sollte die Personalie v.Beust- Rücktritt die mediale Wirkung der Schulreform-Niederlage mindern. Das mag zwar partiell gelungen sein. Beide Ereignisse waren jedoch in der öffentlichen Wahrnehmung untrennbar verbunden.

V.Beust war Gallionsfigur, Macher und Garant von schwarz-grün. Nunmehr steht die GAL zwar mit schönen Ämtern versehen da, die sie auch mindestens bis zur Pensionsberechtigung behalten möchte, jedoch ohne ernstzunehmende politische Ergebnisse, denn kaum jemand glaubt noch an das letzte große Projekt der GAL: die teure Stadtbahn.

Allerdings geht ohne die GAL im Moment in Hamburg wenig: ohne die GAL keine Koalition, aber auch keine Neuwahlen.

Der Druck der Berliner Grünen, der nicht-öffentliche Teil des Regierungshandelns und personalpolitische- und Absicherungsinteressen dürften die GAL in der Koalition halten. Ein erheblicher Glaubwürdigkeitsverlust träte allerdings ein, wenn die GAL sich die weitere Zusammenarbeit mit der CDU z.B. mit dem Kultursenatorenamt für Wilfried Meier „abkaufen“ ließe.

Der 18.Juli 2010 war auch ein schwarzer Tag für die politische Klasse insgesamt in Hamburg Die vier Parteien in der Bürgerschaft haben für ein wichtiges politisches Ziel ihre Mitglieder und Anhänger nicht mobilisieren können, am wenigsten konnte dies naturgemäß die CDU.

Hier zeichnet sich ein fundamentaler Vertrauensverlust ab.

Aber: das Volk selbst ist in Hamburg ein ernstzunehmender politischer Faktor geworden, nicht erst seit diesem Volksentscheid zur Schulreform.

Klaus von Dohnanyi- Verlierer ohne Stil?


Klaus von Dohnanyi war Teil der vom Hamburger Abendblatt organisierten Schlussoffensive für die sechsjährige Primarschule in der letzten Woche vor der Abstimmung. Erst als Kronzeuge mit Klose und V.Beust zusammen(Drei Bürgermeister für die Primarschule), dann noch einmal kontrovers gegen Henning Voscherau. Er hat verloren.

Drei Tage nach der Niederlage seiner schulpolitischen Position, die Quoren für den Volksentscheid als zu niedrig zu erklären, zeugt von grotten-schlechtem Stil.

Haltbarkeitsdatum von Volksentscheiden.


Zunächst stellte Jens Kerstan(GAL), Vorsitzender der GAL-Fraktion in der Hamburger Bürgerschaft, unmittelbar nach der herben Niederlage beim Volksentscheid den von den Parteien vereinbarten 10-jährigen Schulfrieden, beschlossen unabhängig vom Ausgang des Volksentscheids, in Frage.

Dann aber offenbarte er sein Verhältnis zu Volksentscheiden, deren Ausgang ihm nicht passen: In dieser Wahlperiode solle er Bestand haben, das wären 1 ½ Jahre, dann müsse man weiter sehen.

Samstag, 17. Juli 2010

Vorsitzende von Untersuchungsausschüssen in der Hamburger Bürgerschaft


„Recht auffällig ist, dass der Vorsitz in einem UA für aufstrebende Politiker als „Karriereschleuse“ fungiert. Da die CDU überwiegend die Einsetzungsanträge stellte, bot sich Politikern der SPD diese Profilierungschance.“

So lautete ein Fazit meines Aufsatzes in der Festschrift „Geschichte der Hamburgischen Bürgerschaft.125 Jahre gewähltes Parlament“ von 1984.

Nun befinden wir uns heute eher in einer Ermüdungs-und Entpolitisierungsphase des Parteiensystems, während insbesondere Ende der sechziger und in den siebziger Jahren viele junge Leute, auch politisiert durch die Apo-Zeit, die Parteien personell und sachpolitisch erneuerten.

Heute ist das offensichtlich anders. Ein Beispiel bietet der Parlamentarische Untersuchungsausschuss „HSH Nordbank“. Seinem Vorsitzenden Harald Krüger (CDU) würde man Unrecht tun, wenn man ihm unterstellte, er wolle sich durch intensive und überzeugende Aufklärungsarbeit politisch profilieren und suche dazu die Öffentlichkeit. Eher scheint er den Ausschuss mit begrenztem Einsatz-er ist auch noch Vorsitzender des Gesundheitsausschusses- so zu führen, dass der durchaus nicht überbordende Untersuchungsimpetus der Opposition möglichst noch ein wenig abgebremst wird.

Nun bietet das politisch gewichtige Thema HSH Nordbank schon beträchtliche Profilierungsmöglichkeiten. Allerdings wäre für den Vorsitzenden eine Befähigung zum Richteramt, Bankerfahrung oder wenigstens eine ökonomische Ausbildung eine wichtige Voraussetzung gewesen, um sich gegen ernstzunehmende Gegner wie Bankvorstände mit ihren Anwälten durchsetzen zu können. Erstklassige parlamentarische Fähigkeiten müssten hinzukommen, könnten im Ausnahmefall auch allein ausreichen. Inhaltlich gilt es ein Befragungskonzept für die verschiedenen Zeugen und Betroffenen vorzugeben und, wenn vom Arbeitsstab erarbeitet , umsetzen zu können.

Steht zu hoffen, dass Harald Krüger vor Übernahme des Amtes so clever war, für seine zurückgenommene, moderierende Amtsführung einen politischen Preis auszuhandeln. Eine kritische und Parlamentarismus-kundige Presse könnte sich ansonsten schon zu einem Problem auswachsen, das auch dem Abgeordnetentypus „Sympathischer Bär“ das Fell beschädigen könnte.

Es geht hier um die Glaubwürdigkeit des Länderparlaments Hamburger Bürgerschaft, das bei der laufenden Kontrolle häufig versagt und an seine Grenzen stößt, und nunmehr trotz beachtlicher Sonderausstattung das Kontrollinstrument Untersuchungsausschuss beschädigen könnte.

Aufsatz:

Günter Pumm,, Untersuchungsausschüsse- Parlamentarische Untersuchungs- und Sonderausschüsse seit 1946, in: Geschichte der Hamburgischen Bürgerschaft .125 Jahre gewähltes Parlament. Hrsg. von Manfred Asendorf, Franklin Kopitzsch, Winfried Steffani, Walter Tormin, Berlin 1984, S.195-204.

Mittwoch, 14. Juli 2010

Zeugenanhörung Dr. Jörg Arzt-Mergemeier und Dr.Rainer Klemmt-Nissen vor dem PUA „HSH Nordbank“ in Hamburg am 5.7.2010


Eine zwar sechsstündige, aber für den Zuhörer zähflüssige und wenig ergiebige Sitzung.

Der Vorsitzende Harald Krüger(CDU) verzichtete auf Fragen an die Beamten der Finanzverwaltung, die er nach PUA-Gesetz als erster hätte stellen dürfen.

Zu klären waren Rolle und Verantwortung der Finanzverwaltung , u.a. wann und mit welchen Argumenten die Finanzverwaltung den Senat auf die Krise der Bank , das mögliche Scheitern des Geschäftsmodells eingestellt hat. Auch die Einschätzung der Finanzverwaltung zum Kreditersatzgeschäft der Bank hätte interessiert. Die Vorbereitung der Vorlage für die Kapitalerhöhung 2008 war ein interessanter Punkt.

Politisch noch wichtiger die Frage, ob die Finanzverwaltung für ihre Aufgabe zureichend ausgestattet und richtig organisiert war. Hier geht es um die politische Verantwortung der Träger der Organisationshoheit für die Finanzverwaltung.

Die Beamten hatten sich auf die Befragung durch den Ausschuss u.a. mit Aktenstudium eingestellt. Sie brachten beide allerdings auch ihre Rechtsvertreter mit. Was befürchteten sie? Dass man sie verantwortlich machen könnte für die inhaltlich unzureichende Zuarbeit für den Senat in Sachen HSH Nordbank, die Pflicht der Beamten gewesen wäre?

Beide Beamten blieben im Ungefähren, waren entweder an Vorgängen und Sitzungen gar nicht beteiligt oder konnten sich nicht erinnern. Klemmt-Nissen natürlich auch nicht an Einzelheiten aus den vielen Gesprächen mit dem Finanzsenator. Van Gemmeren stellte sich als Referent( A15) vor, der angeblich ziemlich außen vor geblieben ist. Wie stand es um Kontakte auf der Arbeitsebene zur HSH Nordbank ,wie sie zwischen Behörden üblich ist, gab es die überhaupt? Was wusste er informell?

Klemmt-Nissen gab eine zusammenhängende Darstellung für den Zeitraum Sommer 2007 bis Sommer 2008.

Die Tätigkeit der entsprechenden Abteilung blieb unklar, Konturen von geordneter Verwaltungsarbeit zur HSH Nordbank waren nicht erkennbar , ausgenommen Gremienvorbereitung. Dies müsste insbesondere den Verwaltungsbeamten im Ausschuss nicht entgangen sein, Thomas Völsch und Dr. Dressel.

Sie und andere Abgeordnete stellten durchaus Fragen zu den für sie Untersuchungsrelevanten Themenkomplexen. So scheint das Kreditersatzgeschäft der Bank von den Beamten nicht als problematisch empfunden worden zu sein. An eine Information der Bürgerschaft haben die Beamten offensichtlich aber nur ganz nebenbei gedacht. Das Verhältnis zur Bank scheint eher kompliziert gewesen zu sein, da diese formalistisch auf ihre Eigenständigkeit bedacht war.

Meine Einschätzung: Klemmt-Nissen war über alles Wesentliche informiert, es sei denn er wollte einiges gar nicht wissen und schon gar nicht dokumentieren. Ein Beamten-Profi der B-Besoldung. Da muss es doch jede Menge Vermerke geben oder sind die alle bis auf uninteressante Reste verschwunden. Sollte jedoch ein Beamter der Finanzverwaltung im Bankgeschäft qualifizierter sein als die Banker, dürfte einem Wechsel in die Bank nichts entgegengestanden haben. Allerdings dürfte ein Beamter mit so schwachem Erinnerungsvermögen es schwer haben, die HGV zu leiten.

Formalia:

Zu viel Transparenz soll es denn auch nicht sein.

Die Vorlagen des Stabs wurden von Dr. Reichel nicht erläutert, Nachfragen der Abgeordneten gab es nicht. Dauerbrenner Amtshilfeersuchen PUA Kiel. Keine Beiträge.

Der schon öffentliche Antrag der SPD, drei Zeugen oder Betroffene nochmals zu hören, wurde beschlossen: Prof. Nonnenmacher, van Gemmeren und Dr. Thomas Emde

Der PUA hat vor dem Verwaltungsgericht zweimal verloren. Die umfangreichen Urteilsbegründungen liegen vor. Rechtsmittel sind eingelegt. Es geht um das Anwesenheitsrecht von Anwälten bei PUA-Sitzungen.

Neue Zeugen und Betroffene sollen vorgeladen werden: u.a. Ravi Sinha, J.C. Flowers, Marti-Sanchez.

Montag, 12. Juli 2010

Friede Springer und die direkte Demokratie in Hamburg



Als die Initiative „Mehr Demokratie wagen“ mit ihrem Kampf für die Durchsetzung des Volksentscheids in Hamburg begann, spielte die Struktur der Hamburger Presselandschaft öffentlich keine Rolle. Das war wohl politischer Naivität, Unkenntnis oder politischem Opportunismus geschuldet, denn immerhin gab es Äußerungen von Helmut Schmidt und Hans Ulrich Klose, in Hamburg herrschten die Springer-Zeitungen. Die Volksgesetzgebung ist also ein zusätzlicher Einflusskanal für die sowieso schon mächtigen Zeitungen des Springer-Verlags in Hamburg und seine Verlags-Chefin.

Hauptziel ist natürlich mit Bild die Kanzlerin zu beeinflussen, was bisher bei den Hauptzielen des Springer-Verlags gut gelungen ist.

Ein Bundesland zu steuern, ist aber zusätzlich auch nicht schlecht.

Diese Verfassungsreform war also auch eine Machterweiterung für das Fast-Pressemonopol der Springer-Zeitungen, die sich bisher allerdings eher zurückgehalten, ihre Macht also noch nicht demonstriert haben.

Solange merkwürdigerweise Volksentscheide in Hamburg nur beratende Funktion hatten, auf diese Idee muss man als Verfassungsrechtler erst mal kommen, waren sie relativ unwichtig, soweit sie die Regeln der Volksentscheide und das Wahlrecht betrafen, war eine Einflussnahme durch Zeitungen sehr schwer, weil direkte Beteiligung bei den Bürgern gefragt ist und die Unterschiede in den Vorschlägen gar nicht zu vermitteln waren.

Nun steht eine wichtige Sachfrage in einem verbindlichen Volksentscheid zur Entscheidung an. Jetzt ist die Einflussnahme zwar möglich, aber bleibt nicht ohne Risiko, da sie sich partiell gegen Teile der eigenen Leserschaft richten muss. Deshalb haben die großen Zeitungen in Hamburg zunächst die Strategie verfolgt, das Thema nicht zu hoch zu hängen, damit die nötigen Quoren bei der Abstimmung mitten in den Ferien verfehlt werden.

Da aber nun die Meinungsumfragen einen knappen Ausgang des Volksentscheids zugunsten der Initiative “Wir wollen lernen“ voraussagen- trotz hoher Werbekosten der Schulbehörde aus Steuermitteln, trotz der Gründung vieler Befürwortergremien, die nahezu alle aus dem Kreis der ehemaligen Vorkämpfer für die Gesamtschule stammen, trotz der Einbeziehung ehemaliger politischer Autoritäten in den Medien- wird die Strategie z.B. des Hamburger Abendblatts nun deutlicher in Richtung Unterstützung der sechsjährigen Primarschule umgesteuert, während Welt und Welt am Sonntag eher auf das konservative und gehobene liberale Bürgertum und seine Positionen Rücksicht nehmen.

Sonntag, 11. Juli 2010

Schlussspurt im Volksentscheid: Drei Hamburger Bürgermeister für die sechsjährige Primarschule



Der amtierende Bürgermeister Ole von Beust und zwei ehemalige sozialdemokratische Bürgermeister Klaus von Dohnanyi und Hans Ulrich Klose werden vom Hamburger Abendblatt in die Primarschul-Schlacht geschickt.

Die möglicherweise zu Recht umstrittene schulpolitische Kompetenz der Bürgermeister kann hier nicht das Entscheidende sein.

Die an Autoritäten orientierten Wähler sollen mobilisiert werden.

Ist dies Teil einer Kampagne, mit der das Hamburger Abendblatt sich im Endspurt eindeutig positioniert? Bisher wurde die Bürgerinitiative nur im Vergleich etwas kurz gehalten.

Die Bürgermeister könnten ja einmal aufgrund ihrer Kenntnis der Hamburger Verwaltung eine differenzierte Einschätzung abgeben, warum gerade ein PISA-Schlusslicht wie Hamburg, dessen Schulkultur in weiten Teilen defizitär ist und dessen Schulbehörde ihre Schwächen hat, diese Reform erfolgreich umsetzen sollte.


Ende der Neutralität?



Für einen Volksentscheid, der nicht parallel zu einer Wahl durchgeführt wird, haben die Hamburger Medien, auch die Zeitungen des Springer-Verlags, eine Zeit lang etwas wenig getan. Jetzt führen die Reformgegner nach einer jüngsten Umfrage immer noch mit drei Punkten und die Zeitungen des Springer-Verlags werden munter.

Drei Bürgermeister werden vom Hamburger Abendblatt als Reformbefürworter ins Feld geführt: Klaus von Dohannyi, Hans Ulrich Klose und der amtierende Erste Bürgermeister.

Dann kommt als Aufmacher auf der ersten Seite das Statement des Bürgermeisters, die Reformgegner hätten etwas dagegen, dass ihre Kinder zu lange mit Schülern mit Migrationshintergrund unterrichtet werden.

Mit einem weiteren Aufmacher des Hamburger Abendblatts sollen die grünen Wähler mobilisiert werden: Die Fraktionsvorsitzende der Grünen im Bundestag Kühnast erwartet , dass die sechsjährige Primarschule ein Leuchtturmprojekt für die Bundesrepublik werden könnte.

Grund des Ganzen: Die Gegner der Primarschule liegen in Meinungsumfragen immer noch knapp zurück, obwohl doch alle Parteien in der Bürgerschaft das Projekt unterstützen und die Schulbehörde mit beachtlichen Geldmitteln für ihr Vorhaben wirbt. Allerdings ist die FDP, nicht im Parlament, gegen die Reform.

Endgültiges Ende des Ole-Images ?


Nachdem die Zeitungen des Springer-Verlags bereits nach den gescheiterten Verhandlungen über die Schulreform auf Distanz zum Bürgermeister gegangen waren, hat der Erste Bürgermeister der Freien und Hansestadt Hamburg, den ich auch aus eigener Parlamentspraxis durchaus schätze, einen schweren Fehler begangen. Er hat den Versuch unternommen, durch Schüren von Ressentiments gegen die Primarschulgegner den Volksentscheid in der Schlussphase zu seinen Gunsten zu beeinflussen. Er unterstellte den Reformgegnern unverhohlen Ausländerfeindlichkeit. Sagen wir es ganz deutlich: Das war eine ganz üble Nummer!

O-Ton Bürgermeister von Beust:

„Bei vielen Gegnern (der Schulreform) weiß ich, dass sie ihre Argumente haben. Aber mich hat überrascht, dass manche so unverhohlen sagen: Wir wollen nicht, dass unsere Kinder länger als notwendig mit Kindern mit Migrationshintergrund zur Schule gehen. Da tauchen auch bei Bürgerlichen, unverhohlen Ressentiments auf. Ich hätte damit in einer so weltoffenen Stadt nicht gerechnet.“

Nach Abendblatt Informationen beruft sich der Bürgermeister auf private Gespräche.

Der Bürgermeister zeigt hier unverhohlen ein anderes Bild von sich, als es in der Ole-Kampagne über Jahre verfälschend und unrealistisch erzeugt worden ist.

Inzwischen gibt es an den Äußerungen des Bürgermeisters eine erhebliche Kritik auch aus den eigenen Reihen. Seine Reform wird inzwischen auch massiv von CDU-Bildungspolitikern bundesweit kritisiert.

Ob dieser Schuss nach hinten losgegangen ist?

Samstag, 10. Juli 2010

Mehr Transparenz im PUA Kiel gefordert: Vorstoß von Bündnis 90/die Grünen und Die Linke



Im PUA Kiel wurde der Antrag 17/685 der beiden Fraktionen mit 8:2 Stimmen abgelehnt, der unter Top 29 dem Landtag auf der Sitzung am 7.-9.7.2010 vorlag.

SCHLESWIG-HOLSTEINISCHER LANDTAG Drucksache 17/685

17. Wahlperiode 29. Juni 2010

Antrag

der Fraktionen von Bündnis 90 / Die Grünen und Die Linke

Transparenz bei der Aufarbeitung der Krise der HSH Nordbank AG

Der Landtag wolle beschließen:

Die Landesregierung wird aufgefordert,

über den Aufsichtsrat ihren Einfluss bei der HSH Nordbank dahingehend geltend zu

machen, dass diese folgende Dokumente der Öffentlichkeit frei zugänglich macht:

Prüfungsbericht der Anwaltskanzlei Freshfields zur Frage möglicher Pflichtverletzungen

durch Mitglieder des Vorstands der HSH Nordbank AG,

den avisierten Prüfungsbericht der Anwaltskanzlei Freshfields zur Frage möglicher

Pflichtverletzungen durch Mitglieder des Aufsichtsrats der HSH Nordbank

AG,

Band 5 des Prüfungsberichts der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft KPMG zum

Jahresabschluss und Lagebericht der HSH Nordbank AG zum 31. Dezember

2008,

Protokolle der Aufsichtsratssitzungen sowie der Sitzungen des Risikoausschusses

(jeweils nebst Vorlagen) der HSH Nordbank AG seit Gründung 2003

bis einschließlich September 2009.

Die HSH Nordbank soll die Möglichkeit erhalten, die Veröffentlichung unter Wahrung

der Geschäftsgeheimnisse Dritter, eigener Kalkulationsgrundlagen sowie unter Wahrung

der Persönlichkeitsrechte betroffener Vorstandsmitglieder vorzunehmen.

Thorsten Fürter Uli Schippels

und Fraktion und Fraktion

Ralf Stegner und Lothar Hay vor dem PUA Kiel am 5.7.2010


Ralf Stegner, ehemaliger Finanz- und Innenminister, der teilweise auch in nicht-öffentlicher Sitzung gehört wurde, erklärte wie schon bei vorangehenden Anhörungen, die Krise der Bank sei vor dem Zusammenbruch von Lehman Brothers für ihn als Aufsichtsratsmitglied nicht erkennbar gewesen.

Ähnlich äußerte sich sein Nachfolger im Aufsichtsrat Innenminister Lothar Hay und kritisierte die Informationspolitik der Bank.

Interessant die Bemerkung Stegners vor der Sitzung zur Strategie der Ausschussmehrheit: Sie wolle offensichtlich die Untersuchung in die Länge ziehen, damit sich über kurz oder lang niemand mehr für die Sache interessiere.

Ravi Sinha vor dem PUA Kiel am 28.6.2010



Der ehemalige Europachef des US-Finanzinvestors und Anteilseigners der HSH Nordbank J.C. Flowers Ravi Sinha fand vor dem PUA Kiel klare Worte. Endlich ein Zeuge, der sich nach dem Ausscheiden bei Flowers weder den Vorständen der HSH Nordbank noch den Aufsichtsräten und Politikern verbunden fühlen muss. Dabei müssen die Umstände seines Ausscheidens bei Flowers keine Rolle spielen.

Der Vorstand habe den Aufsichtsrat nicht ausreichend informiert und die Problematik des Kreditersatzgeschäfts nicht genügend erkannt. Die HSH Nordbank habe auf dem rauhen Markt New York ihre Fähigkeiten „etwas überschätzt“. Inzwischen schon gar nicht mehr unerwartet die deutliche Kritik an den Aufsichtsratskollegen: Es habe nur wenige Mitglieder gegeben, die über Fachwissen verfügten, bei komplexeren Themen habe häufig sogar niemand genügend Kenntnisse gehabt. Der Vorstand habe häufig unzureichend informiert und wegen des unzureichenden Risikomanagements auch nicht hinreichend informieren können.

Die Pleite von Lehmann Brothers sei nicht der alleinige Grund für die Beinahe-Pleite der HSH Nordbank gewesen, es seien vielmehr auch Strukturprobleme gewesen, die durch die Krise verschärft worden seien. Die Kapitalerhöhung im Frühjahr 2008, von Flowers unterstützt, habe jedoch nicht eine Notsituation beheben sollen, sondern sei wegen Extrawachstum erforderlich gewesen. Warnungen vor den Risiken der Geschäftspolititk der HSH Nordbank habe es seitens J.C. Flowers bereits 2007 gegeben.

Im Klartext :

Die Nordbank-Banker waren in New York überfordert und haben dies nicht einmal gemerkt.

Dies ist zweifellos die Folge einer real defizitären Unternehmenskultur, die natürlich weit entfernt war von den Unternehmensideologischen Papieren der HSH Nordbank.

Die Aufsichtsräte waren ihrer Aufgabe nicht gewachsen und tragen deshalb Verantwortung

für das Versagen der Bank.

Ein Aufsichtsrat muss merken, wenn er bei entscheidenden Fragen unzureichend informiert wird und auch der Vorstand überfordert ist. Den 14 000 Euro-Aufsichtsräten sei ein Tipp gegeben, wenn sie weiter den Untergang von Unternehmen begleiten dürfen: Man merkt dies an Vorlagen, die wahrscheinlich oder gar deutlich erkennbar Transparenz verhindern sollen. Ein Gremienfuchs und Politik-Didaktiker hätte dies vermutlich auch auf fachfremdem Gebiet gemerkt, da er beruflich genau die gegenteilige Aufgabe erfüllen muss.

Die wechselseitige Schuldzuweisung von Vorständen und Aufsichtsräten vor den PUA´s ist als Strategie durch Ravi Sinha torpediert worden.

Parlamentarischer Untersuchungsausschuss „Cum-Ex-Steueraffäre“-19.August 2022-Befragung Olaf Scholz

Am 19.August 2022, 13.30 Uhr, tagte der PUA „Cum-Ex-Steuer-Affäre"“ im Plenarsaal der Hamburgischen Bürgerschaft. Heute wird der Kanzle...