Mittwoch, 20. Mai 2009





Bereits erschienen  am 17.4.2009 auf meinem Blog "Klartext- Der Politik-Blog aus Hamburg":

HSH Nordbank-Skandal

Günter Pumm:

Ministerverantwortlichkeit im HSH Nordbank-Skandal und Phaseneinteilung von Skandalen

 

Es ist in der gegenwärtigen Krisenlage eine bisher sträflich vernachlässigte staatsrechtliche, aber auch hochpolitische Frage zu klären: die Ministerverantwortlichkeit.

Es gibt keine eindeutige Klarheit, aber mindestens drei Definitionen:

 

  1. Weitgefasste Ressortverantwortlichkeit. Sie betrachtet Minister für alle wesentlichen Fehlleistungen in ihrem Aufgabenbereich für verantwortlich, ob selbst veranlasst oder durch nachgeordnete Einheiten (hier Banken) verursacht spielt eine nicht entscheidende Rolle.
  2. Verantwortlichkeit nur für „ persönlich zurechenbares Fehlverhalten“ des Ministers. Ein sehr enger Maßstab, da hier die Verantwortlichkeit nur bei konkreten, nachweisbaren Fehlentscheidungen des Ministers greift.
  3. Rechtliche Ministerverantwortlichkeit. Hier geht es um Haftungsrechtliche, zivilrechtliche u.a. Fragen.

 

Die Öffentlichkeit in Hamburg und die Fraktionen in den Parlamenten müssen diese Frage diskutieren und sich entscheiden.

 Die rechtliche Minsterverantwortlichkeit  hat eher eine ergänzende Funktion, etwa wenn Minister Entscheidungen des Parlaments mit vorgeschobenen Argumenten oder durch gravierende Nicht-Information herbeiführen. Dies fällt dann auch gleichzeitig unter die Ressortverantwortlichkeit.

 „Persönlich zurechenbares Fehlverhalten“ ist als Maßstab bei vielen Politikern der Exekutive beliebt,, da es sie weitgehend von Verantwortlichkeit freihält und wenn, dann meistens  nur in langwierigen Untersuchungen geklärt  und belegt werden kann . Nach entsprechendem Zeitablauf wird der  nötige Druck für einen Rücktritt kaum noch erreicht. Ein Hamburger Bürgermeister hat diese Formel für sich entdeckt, Hamburger Untersuchungsausschüsse haben sie als zu eng abgelehnt.

 Politische Gewichtigkeit ist eine Frage der politischen Bewertung, die aber in einer aufgeklärten Öffentlichkeit der Diskussion und dem vernünftigen Urteil unterliegt. Eine Hierarchie der Fehlleistungen, die als Messlatte für Ministerrücktritte dienen könnte, gibt es nicht. „Kleinere“ Fehlinformationen sind für sich nicht Rücktritts-relevant.

 Im Fall der HSH-Nordbank scheint mir die Frage eindeutig: Eine grob verfehlte Geschäftspolitik einer Bank, insbesondere im Bereich des Kreditersatzgeschäfts, aber auch bei Immobiliengeschäften und der Schiffsfinanzierung, mit gewaltigen, landesgeschichtlich einmaligen finanziellen Folgen für zwei Bundesländer, eine Kapitalerhöhung unter falscher Flagge und ein Rettungspaket enormer Dimension mit Risiken bis zum Staatsbankrott sind kaum noch zu übertreffen. Schon allein ein Jahresverlust von 2,8 Milliarden Euro  könnte für sich genommen ausreichen.

Diese Tatsachen allein reichen als Rücktrittsgrund.

 Aus den bisherigen bekannt gewordenen einzelnen zurechenbaren Fehlleistungen, insbesondere der Absicherung der Geschäftspolitik der Bank auch durch Fehlinformationen, ließe sich vermutlich auch bereits jetzt, vor  Beginn der parlamentarischen Untersuchungen, ein kompaktes Papier kurzfristig erarbeiten, das Rücktritte nahe legt.

Entscheidend ist in beiden Fällen, wie sich die Medien, die bei uns in nicht unerheblichem Maße als politische Akteure fungieren, positionieren.

Dieser  öffentliche Diskussionsprozess hätte bereits geführt werden sollen.

Fraktionen und Medien müssen  hier Klarheit schaffen.

Ein weiteres fehlt: die Kenntnis über den Ablauf von Skandalen.

Die erste oder Dimensionierungsphase des Skandals scheint abgeschlossen. Die Medien haben die gewaltige Dimension des Skandals herausgearbeitet, auch wenn  dem HSH Nordbank-Skandal zunächst nicht, nun jedoch mehr und mehr die klassischen, emotionalisierenden Merkmale vieler bisheriger Skandale zugeordnet werden konnten.

Die „heiße Phase“ des Skandals, in der gemeinhin Rücktritte erreicht werden, reichte wohl von der Diskussion des „Rettungspakets“ über den Beschluss bis zum Marnette- Rücktritt, dem eine Reihe von weiteren skandalösen Informationen folgte. Der Skandal gewinnt an Konturen mit einem CDU-Haushaltsausschussvorsitzenden in HH, der als Mitarbeiter einer Gesellschaft der HSH Nordbank Gelegenheit hatte, die mit anscheinend falschen Begründungen vermittelte Kapitalerhöhung im Jahr 2008 „durchzuwinken“. Hinzu kommt, dass Schwächen im Risikomanagement gemäß Bericht des „Stern“ bereits seit April 2008 bzw. seit Dezember 2007 Teilen des Aufsichtsrats bekannt waren, den Parlamenten aber nicht bekannt wurden.

 Da es auch eine Strategie gibt, sich die beiden Finanzminister möglichst lange zu erhalten, sei erwähnt, dass es in der Schlussphase des Skandals mit der Vorlage  und Diskussion des Berichts des Parlamentarischen Untersuchungsausschusses  schwer gelingt, politische Konsequenzen durchzusetzen.

 Vom Gewicht her sind die Fehlleistungen der Landesbank selbst so schwerwiegend, dass sie automatisch auch Chefsache sind. Die Desinformations- bzw.  Nicht- Informationsstrategie gegenüber den Parlamenten könnte es auch noch werden.

Die Frage der Verantwortung stellt sich auch für die Regierungschefs.

 

 

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