Einen Aufmacher auf der ersten Seite war dem Hamburger Abendblatt das Thema Unterrichtsqualität wert, obwohl die geforderte Feedback-Kultur seit Jahren erklärtes Ziel von Pädagogik und Schulpolitik in Hamburg ist. Erst durch die Überschrift wird das Thema zu einem echten Aufmacher.
Diesmal war Lars Holster,stellvertretender Schulleiter einer Stadtteilschule und schon als Parlamentsneuling schulpolitischer Sprecher, der Glückliche, den der Anruf von Peter Ulrich Meyer ereilte. Meyer brauchte für sein politisches Anliegen einen persönlich-parlamentarischen Aufhänger, denn schließlich kann er nicht immer nur in Kommentaren seine eigene Meinung und die seines Verlagshauses direkt in seiner Zeitung transportieren.
Aber auch so ist dies ein schönes Beispiel für Medien-gestützte Bildungspolitik.
Was aber war Meyers wirkliche Botschaft?
Bei einem guten Journalisten findet man seine Kernaussage bisweilen wie hier im ersten Satz: „Der Streit um die richtige Schulstruktur war gestern.“
Meyers und seines Medienkonzerns Wunsch war hier der Vater des Gedankens.
Das Zwei-Säulen-Modell mit Gymnasien und Stadtteilschulen, auch Ergebnis so mancher Experten-Kommission hat so gravierende Mängel, das es zu gesellschaftlichem Sprengstoff werden kann.
Niemals werden beide Schultypen gleichwertige Vermittlungsleistungen erbringen, weil ihre Schüler- und Lehrerschaft zu unterschiedlich ist. Selbst wenn die Stadtteilschulen ganz früh „gymnasiale Züge“ schaffen, wie es sie auch an einigen Gesamtschulen gegeben hat, wird dies nicht der Fall sein.
Die Abiturnoten werden nicht entfernt vergleichbar sein, denn die Stadtteilschulen werden, um Abiturzüge zu bekommen, einfach sehr gut und unabhängig von gymnasialen Standards bewerten. Selbst wenn man einheitliche Abituranforderungen schaffen wollte und könnte, würden zweidrittel der Noten von Kurslehrern frei vergeben, meist nach dem Motto „Orientieren wir uns mal am Kursdurchschnitt.“
Identische Abiturnoten werden also niemals einem gleichartigen Leistungsniveau entsprechen.
Das hat übrigens auch Vorteile für die Schüler der Stadtteilschulen im Wettbewerb um Jobs und Studienplätze, denn die Schüler der Gymnasien müssen bei entsprechend größerer Konkurrenz für die gleiche Durchschnittsnote viel mehr leisten. Also könnte man theoretisch sein begabtes Kind gezielt auf eine Stadtteilschule, oder aber auch ein Laissez-faire-Gymnasium schicken, damit es dort eine wirklich gute Durchschnittsnote bekommt. Der Medizin-Studienplatz ist dann gesichert.
Eins von mehreren Problemen: wenn Jugendliche nicht gefordert werden, werden sie im wirklichen Leistungsvermögen schwächer sein.
Sobald wir genügend Funktionsträger in Behörde und Schule finden, die Schulen als ernstzunehmende Institutionen kompetent organisieren können, werden wir die Diskussion wieder aufnehmen müssen, denn das Problem der Durchlässigkeit stellt sich in Schule und Gesellschaft nach wie vor in aller Schärfe.
Wenn sie schlau sind, werden auch die vielen Eltern mit Migrationshintergrund dieses Thema zur Not gegen das Hamburger Abendblatt neu auf die Tagesordnung setzen.
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