Montag, 28. November 2011

Clevere Verfassungsschutzpräsidenten in Hamburg


Reinhard Wagner, CDU-Mitglied, wechselte 2002 vom Amt des Verfassungsschutzpräsidenten in Hamburg auf die Stelle des Direktors der Bürgerschaftskanzlei. Er hat eine der Besoldungsgruppen eines Senatsdirektors gehabt, die er in seinem neuen Amt mindestens behalten haben dürfte.

Senator Lüdemann hatte 2007 den Versuch unternommen, das CDU-Mitglied Wagner als Nachfolger von Wilhelm Rapp zum Präsidenten des Oberverwaltungsgerichts und des Verfassungsgerichts zu machen, war damit allerdings gescheitert.

Unter Karrierebeamten in Hamburg gilt die Tätigkeit des Bürgerschaftskanzlei-Direktors als einer der gemütlichsten Senatsdirektoren-Jobs(B6). Also eine außerordentlich clevere Wahl für ein hoch dotiertes und gemütliches Amt, wenn man genau dies sucht. Allerdings galt der umgekehrte Weg, also ein Wechsel auf vergleichbare Positionen in der Hamburger Verwaltung als kaum realistisch, wenn nicht eine politische Besetzung vorgenommen werden kann.

Fraglich könnte sein, ob ein Verfassungsschutzpräsident, Leiter eines der am wenigsten kontrollierten Teile der Hamburger Verwaltung, prädestiniert ist, das Landesparlament zu unterstützen, das ja bekanntlich die Verwaltung kontrollieren und kritisieren sowie eher für Transparenz des Regierungshandelns sorgen soll. Interessant wäre etwas über Wagners Demokratie- und Parlamentsverständnis zu erfahren. Aus seiner Arbeit von 1986 über die Zulässigkeit des Doppelmandats geht dazu wenig hervor. Seine frühen juristischen Einsichten zur Inkompatibilität haben bei der Besetzung des Hamburger Parlaments allerdings zu partiell wenig überzeugenden Ergebnissen geführt. Für die Leitung der Verwaltungseinheit Bürgerschaftskanzlei kann eine geheimdienstliche Vorbildung allerdings nicht schaden., da in ihr mikropolitische Verhaltensmuster seit Jahrzehnten stark ausgeprägt sind.

Es könnte allerdings auch sein, dass Wagner das Rathaus zum sichersten Platz der Stadt machen sollte, dann allerdings wäre seine vorherige Tätigkeit eine hervorragende Voraussetzung.

Heino Vahldieck, CDU, steht seinem Parteifreund Reinhard Wagner in Sachen Karriereplanung keineswegs nach. Er folgte ihm 2002 unter Senator Schill ohne Ausschreibung und ohne Absprache zwischen den Fraktionen im Amt des Verfassungsschutzpräsidenten nach. Dies war für ihn ein gewaltiger, nur politisch machbarer Karrieresprung, vom Verwaltungsbeamten für Kartell- und Wettbewerbsrecht der Wirtschaftsbehörde mit A 15 in die Senatsdirektorenränge, wenn auch nicht gleich direkt. Allerdings war er vorher auch Vorsitzender des Innenausschusses der Bürgerschaft und Mitglied von Geheimdienst-Überwachungsgremien.

Heino Vahldieck ist aber auch über seine bisherige Karriere hinaus recht geschickt.

Bei der Bürgerschaftswahl ließ er sich als Innensenator den Listenplatz 31 auf der Landesliste der CDU zuweisen, weil er aus seiner Fachbehörde bzw. dem Landeswahlamt den Tipp bekommen hatte, dies sei in den Wahlunterlagen der CDU der erste Platz auf der zweiten Seite der Landesliste, und würde erfahrungsgemäß besonders gern von Wählern angestrichen.

Das hat hervorragend geklappt. Vahldieck erzielte ein sehr gutes Wahlergebnis.

Auch nach der Bürgerschaftswahl verhielt er sich klug. Zunächst ließ er sich vom Hamburger Abendblatt, das sehr gern Vertreter des Sicherheitsbereichs unterstützt, für den Landesvorsitz der CDU ins Gespräch bringen, dann nahm er nach dem Ausscheiden aus dem Senat zunächst keine Senatsdirektorenstelle an, die ihm zugestanden hätte und weiter zusteht. Vielmehr übernahm er ein Parlamentsamt mit internationalem Flair, nämlich den Vorsitz des Europa-Ausschusses, der übrigens durchaus gut beschäftigt ist und relativ häufig tagt, vielleicht auch die eine oder andere dienstliche Reise ermöglicht, möglicherweise auch den Weg nach Europa eröffnet.

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