Die Ausstellung
„Ein Leben für Hamburg-Oscar Troplowitz“ fand am Tage nach der Eröffnung
starke Resonanz in den Medien. Allerdings haben die Kulturjournalisten der Medien wieder keine Zeit bekommen,
um die Eröffnungsveranstaltung und die Ausstellung genauer anzusehen. Das geht auch kaum, da die Eröffnung um
19.00 Uhr beginnt. Es reicht übrigens auch nicht, um 18.30 da zu sein, denn
viele ältere Damen und andere Freunde der Kunsthalle sind dann schon da. Oder
haben Plätze belegt. In diesem Fall waren zudem mindestens fünf Reihen für die
Familie Claussen und die Firma Beiersdorf reserviert.
Der Raum vor dem
Kupferstichkabinett reichte wieder einmal nicht aus, die Treppen in den ersten
Stock waren gut gefüllt.
Was besonders auffällt: In keinem
der Ausstellungsberichte gab es
eine einzige kritische Bemerkung zu dieser Ausstellung zum 150.
Geburtstag Oscar Troplowitz. Durften die Journalisten nicht oder trauten sie sich nicht?
Dabei könnte man mit Fug und
Recht fragen, ob Mäzene überhaupt
mit Ausstellungen in der Kunsthalle und mit entsprechenden Katalogen
geehrt werden sollen. Es besteht natürlich die Gefahr, dass diese Ehrung unkritisch
ausfällt. Genau dieses hätte
geprüft werden müssen. Wer entscheidet übrigens über die inhaltliche
Ausrichtung des Katalogs und der Ausstellung?
Das Anliegen der Stern-Journalistin Christine Claussen, die
die Ausstellung mit der Kuratorin zusammen geplant hat, die jüdischen Mäzene
vor der NS-Zeit, besonders aus der Zeit des Kaiserreichs stärker in Erinnerung
zu rufen, erscheint berechtigt. Hier geht es jedoch um ein viel umfassenderes
Defizit im kollektiven Gedächtnis der Deutschen.
Natürlich bekommt eine
Ausstellung, die einen so erfolgreichen Hamburger Unternehmer und Mäzen zum
Gegenstand hat, nahezu zwangsläufig den Charakter einer „Jubelveranstaltung“
und eines Marketing-Events für die Firma im Hintergrund in einem gehobenen
Ambiente. Nun hat Beiersdorf gerade in der Phase des Oscar Troplowitz in Werbung
und Markenpolitik Großes geleistet, man denke an den ersten Werbe-Stummfilm für
die Zahnpasta „Tebeco“ mit dem berühmten Zahnteufel, der Zähne verfolgt, die
dann von der personalisierten Zahntube gerettet werden. Nach dem Ausführungen
von Dr. Ulrich Schmidt, Beiersdorf, war Troplowitz, ein Mann des linken Zentrums, auch
sozialpolitisch beispielhaft.
Christine Claussen kündigte bei
der Eröffnung auch eine Aufarbeitung der Firmengeschichte von Beiersdorf in der NS-Zeit an. Warum ist dann nicht auch schon für die
Ausstellung ein Anfang gemacht worden?
Stefan Brandt, Geschäftsführer
der Kunsthalle, bemühte einen Vergleich zwischen einem schlechten und einem
guten Mäzen. Natürlich erfüllte Oscar Troplowitz alle fünf Kriterien für den
idealen Mäzen, der sich nicht selbst in den Vordergrund stellt etc. Nun macht
das seine Familie und die Kuratorin, die bei ihrem Vortrag nun auch gleich den
Ausstellungskatalog zeigte, auf dessen Deckel der geehrte Mäzen in Großbild
prangte. Der Geschäftsführer erklärte eher vorsichtig, die Kunsthalle
hätte gegenüber Mäzenen durchaus
Grundsätze.
Auch die Erinnerungskultur
bekommt ihren Raum, der dem von Oscar Troplowitz gestifteten Picasso, die
Absinthtrinkerin, gewidmet ist, der als „entartetes Kunstwerk“ auf gewundenen
Wegen in die Schweiz gekommen ist und jetzt im Kunstmuseum Bern hängt, nach
Hamburg jedoch nicht ausgeliehen wurde. Allein schon die übrigen 17 Bilder in der Ausstellung vermitteln ohne
Zweifel den Eindruck einer sehr
beachtlichen Schenkung des Oscar Troplowitz und seiner Frau Gertrud an die
Hamburger Kunsthalle.
Die letzte Ausstellung, bei der
eine einzige Firma als Sponsor aktiv war, lag schon in den neunziger Jahren des
letzten Jahrhunderts, es war die Andy Warhol-Ausstellung. Es ging damals also um einen Künstler.
Nun darf man für die Interesssen einer
angesehenen Hamburger Familie wie
den Claussens durchaus Verständnis haben, die in der Kulturszene mindestens mit der
Claussen-Simon-Stiftung und der „Sophie Pulvermacher-Stiftung“ vertreten sind.
Auch in der Hamburger Kulturstiftung und im Kuratorium des MKG haben sie
Einfluss.
Aber auch diese Familie war nicht
immer nur völlig gradlinig für die
Interessen der Stadt unterwegs, und es galt mindestens in der jüngeren
Geschichte der nicht unverständliche Grundsatz „die Familie zuerst“. So etwa
bei den Verhandlungen um die 10 Prozent Aktien an Beiersdorf, die die Familie nicht ohne Millionenschwere Zusatzzahlungen für
die Hamburger Lösung zur Verfügung stellte. Damals drohte die Übernahme und Zerschlagung von Beiersdorf .
Wenn man Ausstellungen für Mäzene
grundsätzlich zustimmt, dann kann Oscar Troplowitz durchaus als eine gute Wahl
gelten.
Aber wo wird die Grenze gezogen?
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen