Zu den umfangreichen Abschlussberichten der Parlamentarischen Untersuchungsausschüsse in Kiel und Hamburg sowie dem Freshfields-Gutachten im Auftrag des Vorstands der HSH Nordbank kommt nunmehr eine angeblich 600 Seiten starke Anklageschrift gegen sechs ehemalige Vorstandsmitglieder der HSH Nordbank hinzu, darunter auch gegen die ehemaligen Vorstandsvorsitzenden Hans Berger und Prof. Nonnenmacher. Der Letztere war von der Anwaltskanzlei Freshfields und Partner noch entlastet worden, ganz im Gegensatz zu anderen ehemaligen Vorstandsmitgliedern wie Peter Rieck und Jochen Friedrich, die aufgrund des Gutachtens gehen mussten.
Die Anklage durch die Staatsanwaltschaft erfolgt spät, aber sie erfolgte nunmehr.
Man darf gespannt sein, welche Wirkungen diese Anklageschrift beim Landgericht entfalten wird.
Häufig wurden Zweifel laut, ob es zu einer Anklageerhebung überhaupt kommen würde. Auch mein „Hamburg-Blog“ und der Webblog „Klartext“ taten dies unter Berufung auf Beispiele wie etwa den Stoltzenberg-Skandal.
Die FAZ berichtet unter der Überschrift „Anklage gegen frühere Vorstände der HSH Nordbank“ am 1.1.2012 und informiert die auf die Presse angewiesene Öffentlichkeit über ein 70-seitiges Papier einer polizeilichen Ermittlungs-Kommission, die den gesamten Vorstand der HSH Nordbank bereits im Frühjahr 2010 entlasten wollte und daraufhin von der Staatsanwaltschaft aufgelöst und ersetzt wurde.
War diese Kommission unter der damaligen Regierung politisch handverlesen worden?
Erhoben wird der Vorwurf der Untreue und der leichter zu beweisende Vorwurf der Bilanzfälschung insbesondere im Zusammenhang mit den berüchtigten Omega 55 Geschäften, die zu hohen Verlusten für die Bank geführt haben.
Die Stellungnahmen der Anwälte der Beschuldigten folgen dem Tenor, es habe sich um Bank-übliche Geschäfte gehandelt und die Vorwürfe der STA seien deshalb haltlos.
Wer die Berichte der Parlamentarischen Untersuchungsausschüsse mindestens partiell gelesen hat, wird dem schwerlich folgen können. Man könnte folgern: Wenn die Omega-Geschäfte Bank-üblich, genauer Investmentbank-üblich, waren, wie auch die Fehlleistungen in der Ankaufspolitik, erinnert sei an das „Schnell-Ankauf-Verfahren“ für Risiko-Papiere, oder auch an die Fehlleistungen im Bereich des Risiko-Managements und im IT-Bereich, dann würde man Krisen- verursachende, Finanzkrisen-fördernde und den Bankenzusammenbruch-herbeiführende Bank-Praktiken nachträglich legitimieren.
Mit den hohen Kosten eines Kreislaufgeschäfts etwa 17 Milliarden Euro kurzfristig aus der Bilanz einer Bank „auszulagern“, kann und darf nicht Bank-üblich sein.
Paul Lerbinger macht in einem FAZ-Interview v. 7.1.2012 geltend, er habe sich nie näher mit Omega 55 beschäftigt, solche Geschäfte seien aber vor vier, fünf Jahren keine Seltenheit gewesen, heute aber angesichts des neuen Geschäftsmodells der Kernbank kein Thema mehr.
Dieser Hinweis Lerbingers kann seine Vorgänger keinesfalls entlasten, auch wenn dies seine Absicht gewesen sein sollte. Lerbinger liegt naturgemäß an einer zügigen Aufklärung.
Übrigens: Wären eigentlich noch weitere Anklagen möglich gewesen?
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