Montag, 29. Oktober 2012

Eröffnung der Reinhart-Ausstellung in der Hamburger Kunsthalle: zwei Dichterfürsten, zwei Landschaftsmaler und zwei Ausstellungen




Die Eröffnungsveranstaltung am 25.10.2012, 19.00 Uhr, vor dem Kupferstichkabinett war gut besucht. Kulturpolitisch wurde es erst bei der Vorstellung des neuen Geschäftsführers interessant: Er will mehr Besucher-wie alle, aber ist es ihm angesichts der Kassenlage  auch zuzutrauen?
Über die Eröffnungsveranstaltung wurde  kaum in den Medien berichtet.

 Der Kurator  der Ausstellung, Dr. Stoltzenburg, bekam zu wenig Zeit eingeräumt, zeigte aber dennoch in seinem Hauptvortrag seine beachtliche Kennerschaft, was ihm am besten gelang, wenn er sich vom Blatt löste und frei ergänzte. Für einen Kurator ist es verständlicherweise eine ganz große Sache, ein wenig an der Kunstgeschichte mitzuschreiben.
 Reinhart sei ein in Deutschland und auch sonst noch nicht hinreichend gewürdigter Künstler und habe eine Ausstellung verdient, die seinen kunstgeschichtlichen Stellenwert angemessen hervorhebt.
Reinhart zog jedenfalls seit 1789  bis zu deinem Tod  1847 das Leben und Arbeiten in Rom, dem Arbeiten unter den „deutschen“ Verhältnissen vor, auch wenn  dies finanziell  weniger einträglich war. Reinhart wurde dennoch Hofmaler in München und hatte adlige Interessenten für seine Bilder, bekam , wenn auch relativ spät, eine Pension.

Andreas Stoltzenburg wollte Reinhart sogar als kritischen, freiheitsliebenden Geist verstehen, der in den Anfängen Anhänger der Französischen Revolution gewesen sei, dann jedoch zunehmend auf Distanz ging. Er beschrieb anschaulich die Konflikte mit Historienmalern, den „langhaarigen“ Nazzarenern und den Kunstkritikern, wobei er für den romantischen Landschaftsmaler „Partei ergriff“.
 Zur weiteren Würdigung des Werks  und des künstlerischen Stellenwerts von Reinhart sei auf den gewichtigen Katalog verwiesen.
Allerdings:
Ein Paar Karikaturen gegen Kunstkritiker wie Dr. Ludwig Schorch, Kunst-Blatt, oder Historienmaler machen aus Reinhart noch keinen politisch-kritischen Geist. Die Darstellung Lord Bristols, eines Kunstmäzens, als „porco centauro“ folgte auf eine Beleidigung Reinharts durch den Lord.. Die  Karikatur  „Der Zeitungsleser“ stammt jedoch nicht von ihm.
Seine Kritik an Rückerts  anti-napoleonischen Sonetten von 1814  in einer Karikatur von 1817/18 kann man historisch auch anders zuordnen, als dies im Katalog geschieht.
Stand Reinhart eigentlich auf der Seite der demokratischen Bewegung im deutschen Vormärz? Diese Frage griff der Kurator nicht auf.

Die großzügigen Ausstellungsräume in der Kunsthalle, die Hängung der über 30 Bilder, aber auch allein die Zusammenführung der Werke  schaffen für den Betrachter den Eindruck eines beachtlichen und weit gespannten künstlerischen Werkes: Zeichnungen , Radierungen, Karikaturen  und eben dreißig der vierzig, z.T. großformatigen Bilder Reinharts.


 Ist die Reihe der Kunsthalle „Landschaft um 1800“, die  mit den Werken  Jakob Philipp Hackerts , eines Freunds Goethes, 2008 begann, und jetzt mit Reinhart, einem Freund Schillers, fortgesetzt wird, ein überzeugendes Angebot an die Stadt oder doch nur etwas für wenige Liebhaber? 
Am Sonntagnachmittag war die Ausstellung nur gering besucht, was noch nichts heißen muss.
Um die zwei Pärchen, jeweils Dichterfürst und Landschaftsmaler,  didaktisch gekonnt zu unterstreichen, zauberte  Prof. Hubertus Gaßner, zunächst bei seinen Einführungssätzen  die  Köpfe der Dichterfürsten als Salz- und Pfefferstreuer unter dem Rednerpult hervor. Ein gelungener Gag  für das Auditorium vor dem Kupferstichkabinett.
Stefan Brandt,36, der  wiederum  im Rahmen der Ausstellungseröffnung  Gelegenheit bekam, sich persönlich vorzustellen, betonte sehr klar die Gleichberechtigung mit dem Kunsthallendirektor Gaßner,62.
 Dr. Brandt gab ein kulturpolitisch wichtiges Ziel seiner Arbeit bekannt, das allerdings fast zum Pflichtprogramm jeden neuen Geschäftsführers oder Direktors gehört: Er will die Besucherzahlen der Kunsthalle erhöhen, wie ihm das schon mit der Oper in Frankfurt gelungen sei.
Die Zahlen von  2011 seien trotz der Runge-Ausstellung mit 350000 zu niedrig gewesen.
Allerdings können wir angesichts von Brandts Werdegang die Hürde etwas höher legen, denn schließlich hat die Kunsthalle auch schon,  es war 2007, über 500 000 gelegen, was die hinsichtlich der Besucherzahlen  besten Häuser in Deutschland regelmäßig  zu erreichen scheinen.
Die Stiftungs-Doppelspitze  ist damit stark gefordert.

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