Sonntag, 13. März 2011

Vorgezogene Bürgermeisterwahl in Hamburg war Verstoß gegen Satzung der SPD-Hamburg


Am 7. März 2011 ließ sich der Sieger der Bürgerschaftswahl Olaf Scholz allein, d.h. ohne seine Senatsmannschaft, aber auch ohne Empfehlung des Landesparteitags der Hamburger SPD zum Ersten Bürgermeister wählen. Er erhielt mit 62 Stimmen die erforderliche absolute Mehrheit.

Dieser Schachzug des Landesvorsitzenden der Hamburger SPD hat politisch zwei erhebliche Vorzüge:

Er sorgt dafür, dass der amtierende Senat nicht noch kurz vor Toresschluss Personal- und Sachentscheidungen trifft.

Zum zweiten wird die Position von Olaf Scholz erheblich gestärkt. Er wird durch die vorgezogene Wahl bei der Auswahl seiner Senatsmannschaft ein Stück weit unabhängiger von den politischen Einflüssen aus seiner Hamburger Partei. Den unwahrscheinlichen, aber theoretisch möglichen Konfliktfall angenommen, könnte Scholz, wenn die Bürgerschaftsfraktion mitzieht, sogar unabhängig von der SPD und ihrem Landesparteitag seine Kandidaten im Parlament vorschlagen.

Nur, es gibt seit dem 3.Juni 1988 einen mit Satzungs- ändernder Mehrheit gefassten Beschluss des Hamburger Landesparteitags der SPD, der im Vergleich zur vorher gültigen Regelung in sehr abgeschwächter Form den Einfluss der Hamburger Landesdelegierten auf die Nominierung von Kandidatinnen und Kandidaten für den Senat und das Amt des Bürgermeisters regelt.

Gegen diesen Beschluss, ein Anhang zum gültigen Statut der Hamburger SPD, haben Olaf Scholz und die SPD-Bürgerschaftsfraktion durch seine vorgezogene Wahl zum Ersten Bürgermeister klar verstoßen.

Ziffer 1 des Beschlusses lautet: „Der Spitzenkandidat(Bürgermeisterkandidat) der SPD-Landesorganisation Hamburg wird vom Landesparteitag in geheimer Wahl gewählt. Die Wahl gilt als Empfehlung.

Ziffer 2: “Für die Senatsbildung (Neubildung,....) ist allein der Bürgermeister vorschlagsberechtigt. Der Gesamtvorschlag bedarf in offener Abstimmung der Zustimmung des Landesparteitags. Änderungsanträge sind nicht zulässig. Die SPD-Bürgerschaftsfraktion soll entsprechend verfahren....“

Sinn des Verfahrens ist es, den von der Basis gewählten Landesdelegierten Einfluss auf die Senatsbildung einzuräumen. Es soll ihnen die Möglichkeit geben, in Kenntnis der Personalvorschläge des Spitzenkandidaten für den Senat über diesen selbst in geheimer Wahl abzustimmen.

Man ging davon aus, dass der Gesamtvorschlag für den Senat, alle Bewerber für Senatorenämter, eine Mehrheit bekommen würde, wenn erst der Bürgermeisterkandidat im obigen Sinne geheim gewählt wäre.

Diese gesamte Regelung wurde durch die vorgezogene Wahl in der Bürgerschaft ausgehebelt und ihres Sinnes entleert.

Genauso bedenklich, dass der Fraktionsvorsitzende und die Fraktion durch die vorgezogene Wahl in der Bürgerschaft gegen den sie betreffenden Teil der obigen Wahlordnung mit Satzungsrang in eklatanter Weise verstoßen haben. In beiden Fällen ist die Sache kaum heilbar.

Nun gab es in den vergangenen Jahren immer wieder einmal SPD-Amtsträger, die Regeln innerparteilicher Demokratie vernachlässigten, wenn sie ihren Interessen entgegenstanden, sie machten bisweilen durchaus Karriere, aber sie haben meist auch nicht gut regiert, da ihr Politikverständnis denn doch nicht weit trug.

Hier aber geht es um klare Satzungsverstöße. Zu verantworten von einer nicht unerheblichen Zahl von Amts-und Mandatsträgern.

P.S.: Ziffer 1 ist nicht mit der Nominierung des Spitzenkandidaten für die Landesliste zur Bürgerschaftswahl zu verwechseln. Da geht es um die Auswahl der Bürgerschaftsabgeordneten vor der Wahl.

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