Montag, 21. März 2011

Gilt die Satzung für die SPD-Bürgerschaftsfraktion in Hamburg ? Das Beispiel Senatorenwahl


Die Mitglieder der SPD und die Bürger der Stadt können nicht erwarten, dass Olaf Scholz, immerhin Landesvorsitzender der SPD-Hamburg, und Michael Neumann, Fraktionsvorsitzender der SPD-Fraktion bis heute, ständig mit dem Statut der SPD-Hamburg unter dem Arm herumlaufen.
Schon Bundesinnenminister Hermann Höcherl(CSU) hat, lange ist es her, in einer wichtigen Angelegenheit erklärt, man könne schließlich nicht ständig mit dem Grundgesetz unterm Arm herum laufen. Ein gutes Vorbild?
Können wir erwarten, dass Scholz und Neumann bei ihrer Amtsausübung als Bürgermeister und Innensenator die Hamburger Verfassung „unter dem Arm tragen werden“, wenn sie es mit der Satzung ihrer eigenen Partei nicht geschafft haben?
Nun wollen wirs nicht zu hoch hängen, aber trotzdem das Verfahren noch einmal klären:
Eine offene Abstimmung in der SPD-Bürgerschaftsfraktion über die von Olaf Scholz vorgeschlagenen Bewerber für Senatorenämter macht heute keinen Sinn mehr, da das „Verfahren für die Nominierung von Kandidatinnen und Kandidaten für den Senat und das Amt des Bürgermeisters“ im Anhang zum Statut der Landesorganisation Hamburg mit Bedacht zweiteilig gestaltet ist. Es sieht nämlich die geheime Abstimmung über den Bürgermeisterkandidaten in Kenntnis seiner Vorschlagsliste vor, und danach die offene Abstimmung über seine Kandidatenvorschläge. Unmut und Kritik würde sich also, wenn vorhanden, in der geheimen Abstimmung über den Bürgermeisterkandidaten ausdrücken.
Auch die offene Abstimmung des Landesparteitags der SPD am Sonntag, dem 20.März 2011, über die Kandidaten für die Senatorenämter war nur die eine Hälfte des Verfahrens, der die Nominierung von Olaf Scholz in geheimer Wahl hätte vorausgehen müssen. Bekanntlich konnte die Nominierung von Olaf Scholz nicht mehr erfolgen, da er bereits unter Mitwirkung des Fraktionsvorsitzenden und der Fraktion in der Bürgerschaft gewählt worden war. Der Landesparteitag wurde also seiner Möglichkeit beraubt, in geheimer Abstimmung die Kandidatenauswahl des Bürgermeisters zu kritisieren.
Wie schön werden einige Zyniker sagen, nun kann jeder Distriktsvorstand oder Kreisvorstand ein Parteiordnungsverfahren gegen Michael Neumann und Olaf Scholz wegen Verstoßes gegen den oben genannten Anhang zum Statut einleiten, der zweifelsfrei Satzungscharakter hat. Einige Blauäugige könnten gar auf die Idee kommen, Olaf Scholz sollte den Landesvorsitz abgeben. Aber Vorsicht, so etwas grenzt an Majestätsbeleidigung und hat entsprechende Folgen.
Wie die Hamburger Parteiengeschichte so spielt.
Während eine zweiundsechzigköpfige Bürgerschaftsfraktion und ein Landesparteitag diesen Satzungsverstoß übersehen, und dies wohl auch noch für besonders „politisch“ halten, meldet sich eine mutige Landesdelegierte und kritisiert das geltende Verfahren als undemokratisch. So gibt es immerhin eine Stimme für das 1971 beschlossene weitergehende Verfahren, das 1988 geändert und abgeschwächt wurde. Es sah die Einzelabstimmung in geheimer Wahl über alle Senatorenbewerber auf dem Landesparteitag vor.
Es wäre immerhin spannend und belebend für die innerparteiliche Demokratie in der Hamburger SPD, wenn mehrere Distrikte das Verfahren von 1971 zum Beschluss erhöben und zum Landesparteitag weiterleiten würden. Ob dies angesichts der heutigen Parteistrukturen und Verhaltensmuster überhaupt Sinn macht, sollte man noch vorher überlegen.
Dies verkennt aber die wahren „Belastungen und Interessen“ der Ortsvereins- und Kreisführungsgruppen, die schon im Zusammenhang mit der Senatoren- und Staatsratsauswahl über so viele wichtige Dinge beraten und entscheiden mussten: die vielen Ämter in SPD-Bürgerschaftsfraktion und Bürgerschaft, Präsidien der Bezirksversammlungen und Fraktionsvorstände, Ausschussbesetzungen, Assistenten der Abgeordneten, Bezirksamtsleiterfunktionen und zukünftige Bundestagsabgeordnete, Kreisvorsitzende, Distriktsvorsitzende etc.
Dabei können Diskussionen über innerparteiliche Demokratie wirklich nur schaden, da geht es schließlich um Transparenz und bei einigen Unverbesserlichen sogar um Leistungskritierien bei der Kandidatenauswahl, die über den Frauen- und Regionalproporz hinausgehen.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen

Parlamentarischer Untersuchungsausschuss „Cum-Ex-Steueraffäre“-19.August 2022-Befragung Olaf Scholz

Am 19.August 2022, 13.30 Uhr, tagte der PUA „Cum-Ex-Steuer-Affäre"“ im Plenarsaal der Hamburgischen Bürgerschaft. Heute wird der Kanzle...