Freitag, 10. Juni 2011

Das Hamburger Abendblatt : Neutralität im Hamburger Wahlkampf 2011-keine Kampagnen


Das Hamburger Abendblatt hat im Bürgerschaftswahlkampf 2011 zur Überraschung mancher Beobachter parteipolitisch Neutralität gewahrt.

Seine Berichterstattung zeigte, soweit erkennbar, keinerlei Züge einer Kampagne für oder gegen eine Partei. Es wäre sogar schwer nachzuweisen, dass die Linke doch nicht ganz so gut wegkam wie die anderen Parteien.

Auch die Berliner Akteure wurden annähernd gleich behandelt. So erhielten die Parteivorsitzenden die ihnen angemessene Aufmerksamkeit. Selbst die Kanzlerin wurde nicht erkennbar oder nur leicht begünstigt.

Der Chefredakteur Claus Strunz griff mindestens einmal mit einem nachdrücklichen Kommentar in das Geschehen ein, als Olaf Scholz mit seinen Wahlversprechen hervortrat. Die unmissverständliche Forderung an den Spitzenkandidaten der SPD , die Finanzierung dieser Versprechen den Wählern darzulegen, wurde von diesem und dem finanzpolitischen Sprecher Dr. Tschentscher ziemlich umgehend erfüllt.

Wahlberichterstattung ist dabei zweifellos eine Gradwanderung.

Trotz Neutralität hat das Hamburger Abendblatt nicht darauf verzichtet, objektive Unterschiede bei den Spitzenkandidaten herauszustellen. Die Alternative Bundespolitiker mit Ministererfahrung gegen den erst kurze Zeit im Amt befindlichen Bürgermeister, und damit doch „nur“ Landespolitiker, Christoph Ahlhaus wurde schon deutlich gemacht. Auch die angeblichen oder wirklichen Stilfehler des damaligen Bürgermeisters wurden nicht ausgespart. Die echten Wahlkampf-Coups des heutigen Bürgermeisters wurden als politische Leistung erkannt und entsprechend gewürdigt. Überraschend und überzeugend waren für die bürgerliche Presse Scholz´ Politikangebote für nahezu das gesamte Bürgertum und seine starke Position in der SPD.

Ob es gelungen ist, die sachlichen Alternativen herauszuarbeiten, bedürfte einer genaueren Untersuchung. Der Versuch wurde nach meiner Erinnerung am deutlichsten beim Thema Hafenpolitik. Ob das beim Bürger durchgedrungen ist, ist schwer zu beurteilen.

Problematisch an der Berichterstattung waren nach meinem Eindruck am ehesten die Aussparungen und „blinden“ Flecken:

Darunter waren die gesamte Zuwanderungspolitik einschließlich der Zuwanderung in die Sozialsysteme durch Familienzusammenführung, die Frage der Legalisierung illegaler Zuwanderer, die Frage der Abschiebungen, die Probleme von Flüchtlingen und Asylbewerbern.

Einige Probleme der Sicherheitspolitik spielten leider nur eine Nebenrolle.

Genau so wenig wurden außer in meinen Webblogs die Probleme der Gesundheitspolitik wie etwa die für die Patienten gefährlichen Krankenhauskeime thematisiert. Auch die ansonsten medial recht präsenten mindestens drei Mediziner auf sicheren Plätzen trugen dazu nichts bei.

Das Thema der parteipolitischen Neutralität des Hamburger Abendblatts aufzugreifen macht schon Sinn, da die Zeitungen des Springer-Verlags auch heute noch Kampagnenfähigkeit besitzen, die sie übrigens in Hamburgs Geschichte durchaus schon nachdrücklich unter Beweis gestellt haben.

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