Sonntag, 13. Februar 2011

Hamburger Wahlrecht bei der Bürgerschaftswahl 2011: Alle Stimmen für Olaf Scholz


Im Hamburg-Teil des „Vorwärts“, Parteizeitung der SPD, findet sich eine bemerkenswerte und überraschende Empfehlung: die Wähler könnten der SPD-Liste zur Bürgerschaftswahl ihre fünf Stimmen insgesamt geben, aber auch alle fünf Stimmen dem Spitzendkandidaten Olaf Scholz auf Platz 1 der Landesliste der SPD. Alles völlig richtig. Aber sind die Konsequenzen zu Ende gedacht, oder gibt es beim Vorwärts eine Verschwörung gegen die Landesliste der SPD?

Warum ist der Vorschlag der Parteizeitung politisch brisant?

Die Antwort:

Wenn sehr viele Wähler alle fünf Stimmen Olaf Scholz persönlich geben, dann kommen diese Stimmen in der Tat der SPD genauso zu Gute , als wenn sie ihre Stimmen der Landesliste gegeben hätten, nur das persönliche Stimmergebnis von Olaf Scholz wird verbessert. Nur das? Natürlich nicht:

Die nach der Empfehlung des Vorwärts für Olaf Scholz persönlich abgegebenen Stimmen erhöhen die Zahl der Bewerber, die nach der Anzahl ihrer persönlichen Stimmen ins Parlament kommen und reduzieren damit gleichzeitig die Zahl derjenigen, die nach der Reihenfolge der Landesliste ins Parlament einziehen.

Ein Beispiel:

Die SPD erhält 1 800 000 Stimmen insgesamt auf der Landesliste, davon entfallen nur 600 000 auf die Rubrik Landesliste der SPD, aber 1200 000 Stimmen als persönliche Stimmen für einzelne Kandidaten auf der Landesliste einschließlich für Olaf Scholz. Nehmen wir an, allein auf Olaf Scholz auf Platz 1 der Liste seien 600 000 Stimmen entfallen.

Nehmen wir gleichzeitig an, der SPD stünden nach Abzug der direkt gewählten Wahlkreiskandidaten noch weitere 21 Bewerber von der Landesliste zu.

In diesem Beispiel ziehen die Kandidaten der Plätze 1 bis 7 direkt gemäß der Reihenfolge der Landesliste ins Parlament ein. Man könnte sagen nur sieben, denn 14 Kandidaten werden nach der Anzahl der auf sie persönlich entfallenden Stimmen ins Parlament kommen. Olaf Scholz persönliche 600 000 Stimmen bewirken also, dass sich die Zahl der nach Stimmenanzahl gewählten Bewerber um sieben erhöht, also verdoppelt.

Aus der Sicht der Wähler ist es keine falsche Entscheidung, wenn sie einfach Olaf Scholz persönlich wählen wollen, aber Olaf Scholz kommt in jedem Fall ins Parlament. Wenn sie also andere Kandidaten auf der Liste gern ins Parlament bringen würden, die etwa zwischen den Plätzen 15 und 40 der Landesliste stehen, wäre es natürlich rationaler diese zu wählen und nicht Olaf Scholz.

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